Richard Haberthür lässt Bilder sprechen

Beitrag von Martina Christen-Blum

Richard Habenthür konnte mit seiner Sichtweise auf die Bilder von Daniela Enz neue Perspektiven eröffnen. Die mit über 40 Personen ausgebuchte Veranstaltung zur Bildbetrachtung hat die Besucherinnen und Besuchern bewegt und den Blick auf die Bilder geschärft.

Die Kunstausstellung von Daniela Enz in der Regionalbibliothek Sursee wird von einem Kulturprogramm umrahmt. Am vergangenen Sonntag fand der erste Anlass mit über 40 erwartungsvollen Besucherinnen und Besuchern statt. Richard Haberthür, welcher die Bildbetrachtung ausführte, konnte diese sicherlich erfüllen. Er ist Erziehungswissenschaftler und Psychologe wie auch ein gewandter Kunstanalytiker, Philosoph und Poet. Er hat sich aus den 80 ausgestellten Bildern eines ausgewählt und während einer Stunde darüber gesprochen. Daniela Enz hat schon zu Beginn gewusst: «Wenn Richard Haberthür redet, vergisst man wie die Zeit vergeht». Es ging um das Bild mit dem Titel Kizomba (Acryl auf Leinwand 100 x 100 cm, 2023).

Was die Welt im Innersten zusammenhält
Richard Haberthür zieht in seinen Ausführungen parallelen aus der Entwicklungspsychologie und der Philosophie zum ausgewählten Gemälde. Der gebürtige Basler erklärte in vielfältiger Weise, was er in den Bildern von Daniela Enz generell und insbesondere im ausgewählten Bild sieht. Als er die Bilder der Künstlerin erstmals in ihrem Atelier in Sursee betrachtete, fand er die Tiefe der Bilder unglaublich. Er erwähnt dann auch einen berühmten Satz von Goethe der sich die Frage stellt «…, was die Welt im Innersten zusammenhält». Für Richard Haberthür liegt die Antwort auf solche existenziellen Fragen oft in der Kunst, sei es in der Malerei, im Tanz oder in der Poesie. Die beiden Menschen auf dem Bild von Daniela Enz scheinen keine Antwort auf die Frage zu haben, beide schauen schräg zu Boden. Richard Haberthühr denkt jedoch, die Künstlerin geht bewusst oder unbewusst dieser Frage nach.  

Die Symbolkraft von Spirale und Kreis
Als Entwicklungspsychologe sieht er auch grundlegende Elemente im Bild. Das ist einerseits die Doppelhelix, welche sich in der DNA jeder Zelle befindet und sich bei der kindlichen Entwicklung beim Malen in Form von kreis- und spiralförmigen Gebilden ausprägt. Andererseits ist es die geschlossene Form, welche die Unendlichkeit symbolisieren. Dreijährige Kinder lernen solche geschlossenen Kreise zu zeichnen und versehen sie gerne mit sogenannten Tentakeln, was Neugier und Auskundschaftungsdrang symbolisiert. Die Haltung der beiden Menschen im betrachteten Bild zeigen eine Tendenz zur Spiralform. Zudem schauen sich Mann und die Frau nicht an, trotzdem spürt man, dass sie sich füreinander interessieren. Der Ausgang der Begegnung ist offen und kann weitergesponnen werden. Die Farbe Blau, die Daniela Enz häufig in ihren Werken verwendet, wurde von Haberthür ebenfalls analysiert. Für ihn steht Blau unter anderem für die Farbe der Poesie und stellt die Frage nach dem Sinn im Leben. Er ist überzeugt davon, dass die Energie aus dem Inneren der Künstlerin direkt in ihre Bilder fließt und diese dadurch eine besondere Ausdruckskraft erhalten.

Beim Betrachten ihrer Bilder kann man die zum Teil herausfordernden Lebensfragen von heute zurücklassen. Die Bilder können Menschen berühren und Freude bereiten. Er gibt ihr zum Schluss einen Spruch weiter, welcher Kurt Tucholsky in ein Gästebuch geschrieben haben soll:

«Male weiter,
denn die Welt ist nicht so heiter,
dass sie die Palette
deiner Farben nicht so nötig hätte».

Die Ausstellung in der Regionalbibliothek Sursee ist noch bis zum 21. Juni 2024 zu besichtigen und bietet Besucherinnen und Besuchern die Möglichkeit, sich von den eindrucksvollen Werken von Daniela Enz berühren zu lassen. Weitere Informationen zum Kultur-Programm finden Interessierte auf der Website.

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  • Daniela Enz, Künstlerin und Richard Haberthür, Erziehungswissenschaftler und Psychologe bei der Bildbetrachtung (Bild: Isabelle Isenschmid)

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